Die vierte Auflage des internationalen EBART-Kongresses (Evidence-based Assisted Reproduction Technology) brachte vom 9.-11. Mai 2022 erneut die weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der assistierten Reproduktion zusammen. Das von der Eugin-Gruppe organisierte Symposium stand unter der Leitung von Rita Vassena, der wissenschaftlichen Direktorin und von Amelia Rodríguez-Aranda, der medizinischen Leiterin der Gruppe. Auf der Tagung stellten 14 neue Referenten einer Rekordkulisse von 2.300 eingeschriebenen Teilnehmern aus 53 Ländern ihre Arbeiten vor.
Ein Event der Herausforderungen
Ziel des Kongresses ist die wissenschaftsbasierte Diskussion und der Erfahrungsaustausch unter Fachleuten über Fragen der assistierten Reproduktion.
Auf 5 Sitzungen wurden die folgenden Themenschwerpunkte erörtert:
- Präimplantationsdiagnostik (PID): gegenwärtiges Anwendungsspektrum und Zukunftsperspektiven.
- Medizinische Betreuung der Patientinnen. Die Bedeutung von bewährten Praktiken bei der Beratung über Behandlungsoptionen der assistierten Reproduktion.
- Die neuen ethischen und technischen Herausforderungen des Sektors unter besonderer Berücksichtigung der Covid-19-Pandemie der letzten zwei Jahre.
- Diskussionsthemen: wiederholtes Implantationsversagen und die Zukunft der Eizellspende.
- Wissenschaftsbasierte Kommunikation zwischen Klinik und Patientin. Die englische Schriftstellerin und Patientin Katy Lindemann vermittelte dem klinischen Team eine Perspektive von außen. Lindemann forderte klarere und präzisere Informationen, insbesondere im Zusammenhang mit Einverständniserklärungen der Patientin sowie mehr Ehrlichkeit bei den Ergebnissen der empfohlenen Behandlungstechniken.
Wissenschaftsbasierte Ergebnisse
Eine gesunde Lebensweise verbessert die Chancen auf eine Schwangerschaft sowohl bei der natürlichen als auch bei der assistierten Reproduktion. Dies ist eine der wichtigsten Schlussfolgerungen der Referenten aus den verschiedenen Fachgebieten.
Dr. Karinna Lattes, Spezialistin für assistierte Reproduktion am CIRH, wies darauf hin, dass die Unfruchtbarkeit von 30% der betroffenen Paare unbekannten Ursprungs ist. Deshalb müssen in solchen Fällen Indikatoren, Gewohnheiten und Praktiken, die sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken können, von Spezialisten analysiert werden. Einige Beispiele sind der Body-Mass-Index beider Partner, Stress- und Depressionssymptome, schlechte Schlafhygiene oder Rauchen.
“Eine Änderung der Lebensgewohnheiten kann bei Unfruchtbarkeit unbekannter Ursache die Chancen auf eine natürliche Empfängnis erhöhen und sollte im Beratungsgespräch systematisch angesprochen werden. Als Spezialisten haben wir die Verantwortung, bei jedem Verfahren einen Mittelweg zwischen Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten zu finden“, so Lattes.
Aus einer anderen Perspektive kam Dr. Demián Glujovsky, Spezialist für Reproduktionsmedizin der Fruchtbarkeitsklinik Cegyr, zum gleichen Schluss. Frauen, die von mehrfachem Implantationsversagen betroffen sind, müssen vor Aufnahme ihrer Behandlung einen optimalen Gesundheitszustand erreichen. “Die körperliche Verfassung ist eine Grundvoraussetzung, ohne die wir verschiedene Behandlungen nicht durchführen können, und das kann unter anderem negative psychologische Auswirkungen auf die Patientin haben”, betonte Glujovsky.
Für Dr. Rita Vassena, die wissenschaftliche Leiterin der Eugin-Gruppe und Kodirektorin von EBART, liegt die Bedeutung von Treffen wie EBART darin, “ähnliche Erkenntnisse aus verschiedenen Studien und Fachgebieten zusammenzutragen und zu analysieren, und zwar auf einem Forum, in dem Wissenschaftler aus aller Welt über die Fortschritte in diesem Sektor diskutieren können. Das gilt besonders für die heutige Zeit”.
Covid-19 und Reproduktion: keine Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit; eine Schutzimpfung ist empfehlenswert
Professor Richard Anderson von der Universität Edinburgh untersuchte in seinem Vortrag die Folgen von Covid-19 im Bereich der assistierten Reproduktion unter drei Gesichtspunkten: die Auswirkungen der Schließung der Zentren während des Lockdowns, die Ungewissheit über die Auswirkungen des Virus auf die Schwangerschaft und die Fruchtbarkeit sowie die Impfung bei schwangeren Frauen.
Hinsichtlich der Zentren für assistierte Reproduktion haben mehrere Studien gezeigt, dass die Verschiebung der Behandlung vor allem Frauen über 40 Jahren betrifft sowie Frauen, bei denen eine besondere Art der Unfruchtbarkeit festgestellt wurde. In geringerem Maße betroffen waren jüngere Frauen und Paare mit Unfruchtbarkeit unbekannten Ursprungs.
Die Ungewissheit über die Auswirkungen des Virus auf die Schwangerschaft hat laut einer im Abril 2021 veröffentlichten Studie 53 % der Frauen dazu veranlasst, ihre Pläne für eine Schwangerschaft zu ändern. Von diesen Frauen haben 72% diese Entscheidung aus Angst vor den Nebenwirkungen des Virus auf Mutter und Kind oder wegen eines fehlenden Angebots an medizinischen Leistungen zur Entfernung von Intrauterinsystemen getroffen.
Bezüglich der Auswirkungen einer Covid-19-Infektion auf die Fruchtbarkeit geht aus der wissenschaftlichen Fachliteratur hervor, dass die durch Covid-19 verursachte Entzündung die Fruchtbarkeit von Männern kurzfristig beeinträchtigen kann. Diese Auswirkungen verschwinden allerdings mit der Zeit, während Frauen in geringerem Maße betroffen sind.
Schließlich stimmen die verschiedenen Studien darin überein, dass eine Schutzimpfung gegen Covid-19 während der Schwangerschaft empfehlenswert ist. Das gilt sowohl für Schwangere wie für Frauen, die schwanger werden wollen. Außerdem weisen die untersuchten Studien darauf hin, dass eine Covid-19-Infektion bei Schwangeren zu ernsthaften Problemen führen kann, während der Impfstoff für Schwangere vollkommen unbedenklich ist.